Erfolgscode Loungewear: Das Phänomen Juvia

Juvia ist ein Loungewear-Label, dessen Produkte nicht nur den cosy Abend auf der Coach veredeln. Als Judith Dommermuth nach längerem Zögern den Schritt wagte, in einen vermeintlich gesättigten Markt einzusteigen, sind solch gemütlichen Abende das einzige, was sie selbst nun immer seltener hat. Juvia ist eine jener Erfolgsgeschichten, die es trotz Pandemie und anderen Hürden eben auch immer noch gibt.

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Im Gespräch mit Nick Hartmann, Inhaber und Gründer von hartmann consultants, schildert die Firmengründerin, dass sie allen Grund gehabt hätte, die Füße hochzulegen, denn sie hatte ja genug zu tun. „Man will ja seine Komfortzone nicht verlassen“, sagt sie. Aber die Vision in ihrem Kopf setzte sich dann doch durch. Und trieb sie an. Casualwear habe sie selbst seit jeher gerne getragen. Aber weiche, bequeme Kleidung, die trotzdem etwas hermacht – das gab es in dieser Form ja tatsächlich noch nicht. Also raus aus der Komfortzone, das Wohnzimmer wurde nach und nach zum Büro. „Wenn ich gewusst hätte, wie viel Arbeit es wird“, erzählt sie lachend, nun, vielleicht lägen die Füße dann jetzt doch oben.

Es stellte sich schnell heraus, dass ihre Idee des High-End-Casual-Look perfekt in die Zeit passte. 2013 ging es los. Sie steckte ihre Ersparnisse in das Projekt und all ihre Freizeit, sie beauftragte eine Designerin, es gab auch schon Interessenten. Umso überraschender war dann für alle Beteiligten, als Dommermuth die erste Präsentation ihrer ersten Linie kurzfristig absagte. „Es war eigentlich alles fertig, die Holzständer aufgestellt – aber es hat mich schief angeguckt. Hier war die Hose zu lang, da die Farbe noch nicht richtig“, erzählt sie.

Dann ging alles aber ganz schnell. Auch dank kluger Marketing-Strategien, wie das Schalten von Werbeanzeigen an Bahnhöfen und Flughäfen, an denen die Einkäufer zu Messezeiten sicher vorbeikommen. Natürlich sei es sehr hilfreich gewesen, dass sich die Marke da bereits ordentlich verkaufte, aber der Erfolg fußt eben auch im Marketing auf einem ähnlichen Prinzip wie bei der ursprünglichen Firmenidee: originelle Nischen finden, mit perfektionistischem Anspruch die detailverliebten Ideen umsetzen.

Auch während Corona gab es keine Pause, im Gegenteil. Sicherlich, hätte Dommermuth ein Trachtenlabel gegründet, wäre es ungleich schwerer geworden, das Label weiter so erfolgreich am Laufen zu halten. Aber sich auch zu Hause wohlzufühlen, das passte in die Zeit. „Am Anfang waren wir noch gar nicht online, wir waren klassisch B2B.“ Dann habe sie den Händlern, deren Geschäfte geschlossen waren, gesagt: Schickt uns unsere Sachen zurück! „Dadurch hatten wir das Potential, die Nachfrage decken zu können. Es war eine Win-win-Situation. Die ganze Ware kam in Montabaur an, ich habe zwei Jahre nur gebügelt“, sagt sie. Da war es wieder, das Startup-Gefühl. Juvia hatte Erfolg wie verrückt und gewann immer mehr namhafte Kunden. Heute sei der Online-Handel natürlich nicht mehr wegzudenken. „Die Zielgruppe meiner Eltern hätte vor Corona auch nicht online geshoppt“, ist sie überzeugt, jetzt ginge auch diese Altersklasse nicht mehr unbedingt jedes Mal in die Fußgängerzone.

Doch mit viel Arbeit und guten Ideen ist es freilich noch nicht getan. Für all jene Bereiche, in denen man sich selbst nicht so gut auskennt, sollte man auf externe Hilfe zugreifen. „Ich würde mich unbedingt beraten lassen“, antwortet Dommermuth ohne Zögern auf die Frage nach den wichtigsten Tipps. So hatte ihr vor drei Jahren hartmann consultants den dringend benötigten CFO/COO vermittelt, man habe den Cash Flow ja gar nicht richtig im Blick gehabt, erzählt Dommermuth.

Ist denn jetzt Zeit, ab und zu mal die Füße hochzulegen? Mitnichten. Dommermuth ist auch Mitglied verschiedener Aufsichtsräte. Woher sie die Zeit dafür nimmt? „Man muss sie sich einfach nehmen“, sagt sie. Wobei sie durchscheinen lässt, dass die Arbeit im Aufsichtsrat von Borussia Dortmund nicht allzu viel Zeit frisst. Dem gegenüber steht die Arbeit für ihr „Herzensprojekt“ brotZeit e.V., wo sie gerne noch viel mehr machen würde. Der Verein arbeitet seit 2009 daran, dass kein Kind in Deutschland hungrig in den Schulunterricht gehen muss. So manche Arbeit möchte man einfach machen. Andere muss einfach getan werden.