Christopher Sanderson: The Transformative Twenties

Wir leben in Zeiten, in denen nichts mehr unmöglich, nichts mehr undenkbar sein darf für Entscheider, die also ultimative Flexibilität erfordert. Die dafür wichtigste Fähigkeit nennt Christopher Sanderson von The Future Laboratory „being elastic“: Wer beweglich ist, kann besser beschleunigen und zugleich besser auf Hindernisse reagieren.

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Der Burger King-König küsst Ronald McDonald auf den Mund; eine Yogastudio-Leiterin stellt innerhalb von Sekunden auf „Hot Yoga“ um, als ein glühender Meteorit auf ihrem Gymnastikboden einschlägt. Das sind die visuellen Beispiele für das, was Christopher Sanderson den Zuhörern mit auf den Weg geben möchte: Raus aus der Schockstarre, die Krise als Chance sehen!

Der Mitbegründer von The Future Laboratory konnte selbst nicht nach München kommen, doch in den Räumlichkeiten von hartmann consultants waren die Vordenker mit einem Mini-Lab vertreten, in dem die Arbeit LS:N Global vorgestellt wurde: Firmen haben die Möglichkeit, regelmäßige Reports zu abonnieren, die helfen, fundierte Zukunftsentscheidungen zu treffen. Das Lab nutzt dafür wissenschaftliche Analysen ebenso wie Informationen von Insidern, und vor allem: Es weiß, wie man beispielsweise Verbraucherdaten am effektivsten analysiert. Zu den Kunden, die schon Keynotes von The Future Laboratory nutzen, gehören so unterschiedliche Konzerne wie H&M und General Motors, Chanel oder Design Hotels.

Die Umwälzungen in einer sich rasant verändernden Welt sind so enorm, dass Sanderson in seinem Video-Vortrag zunächst unmissverständlich klarmacht: „Wer nicht willens ist, ein höheres Tempo mitzugehen und in Bezug auf die Einstellung junger Konsumenten seine eigene Firma radikal umzustellen, wird ganz schnell irrelevant.“ Das klang aber nicht dystopisch. Denn noch besser schafft er es, hoffnungsvolle Perspektiven aufzuzeigen, sich komplett neu aufzustellen.

Resilience, Anpassungsfähigkeit also, ist schon länger ein „Buzzword“, das durch die Pandemie aber noch an Bedeutung hinzugewonnen hat. Das liege schon allein daran, dass man verstärkt auf Naturkatastrophen und andere schnelle Veränderungen globalen Ausmaßes reagieren können muss. Als Beispiel erwähnt Sanderson die Kreativen von „10 days in London“, die im Auftrag innerhalb von zehn Tagen komplett neue Kampagnen erstellt.

Ein anderer Weg, der vor allem in der Modebranche mehr und mehr beschritten wird: Die Zusammenarbeit mit Influencern, beispielsweise in Verbindung mit neuen Kollektionen – denn Influencer genießen oft größeres Vertrauen als Konzerne. Weitere Ansätze sind das Installieren eines „Chief Disaster Officers“. Und mit Blick auf verändertes Konsumverhalten auch die Bereitschaft, neue Hierarchien anzuerkennen: „You can start to expect to see that people, from consumers to your suppliers, will have an equal say in your future. And as co-creation booms, your customers will soon become your creative directors.“ Als besonders wichtig sieht Sanderson die Fähigkeit an, ernst gemeinte moralische und ökologische Aspekte in die Firmenphilosophie einzupflanzen, um Verbrauchern ein Gefühl der Beteiligung und Identifikation geben zu können. Es sei, in diesem Zusammenhang wie auch als Reaktion auf globale Katastrophen, höchste Zeit, das Grundprinzip des Wettbewerbs zumindest teilweise einzutauschen gegen Kooperation.

Zum Ende der Konferenz machte der Vortrag von SHIFT-Sponsor Salesforce deutlich, wie sehr die Beobachtungen von Analysten überlappen und in eine gemeinsame Richtung zeigen: Die Auflösung bestehender Strukturen sollte als Chance genutzt werden. Wenn Matt Marcotte, aus Boston zugeschaltet, und Nino Bergfeld beispielsweise darüber sprechen, dass ein Einzelhändler seinen „Profit and Loss“ nicht mehr getrennt nach Online- und Laden-Umsatz trennen sollte, dann ist damit genau jene Flexibilität gemeint, die auch Sanderson einfordert: Viele alte Denkstrukturen ergeben allmählich keinen Sinn mehr.

Salesforce sagt: „Listen, learn, and react to customers and their changed expectations, especially among Generation Z.“ Viele Firmen nutzten ihre dafür schon gesammelten Daten noch nicht genug. Doch sie würden in vielen Fällen ausreichen, um neues Konsumverhalten zu verstehen – und für die eigene Firma die nötigen Schlüsse zu ziehen.