Die Herausforderung Arbeitsumfeld

Michael O. Schmutzer gründete Design Offices als der Begriff „Coworking“ noch gar nicht erfunden war. Der fränkische Visionär über die Entwicklung einer Idee und wie er die derzeitige und künftige Arbeitswelt sieht.

Der Mann hat ein gutes Gespür. Bereits vor zwölf Jahren dachte Michael Schmutzer intensiv darüber nach, wie die Arbeitswelt der Zukunft aussehen könnte. In einer Zeit, da man „New Work“ noch für einen Tippfehler hielt, weil ja sicherlich eine amerikanische Metropole gemeint war. In seiner damaligen Zukunft sind wir mittlerweile angelangt. Aber natürlich steht die Zukunft weiterhin bevor. Jeden Tag wieder.

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2008 gründete Schmutzer Design Offices und die Erfolgsgeschichte dieses Konzepts kann er heute stolz präsentieren, so wie auf der SHIFT Boutique Konferenz von hartmann campus in München. Auf der eigenen Website stellt sich die Firma so vor: „Design Offices ist die Nr. 1 für Corporate Coworking und der wichtigste Workspace-as-a-Service-Anbieter in Deutschland. Mit flexiblen Arbeitslandschaften fördern wir eine agile Arbeitskultur und ermöglichen Innovationen. Damit leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen Transformation von Unternehmen.“

Was das im Einzelnen heißt, erläuterte Schmutzer ausführlich. Zum Beispiel die Abkehr von „Mietverträgen, die über 10, 15 Jahre laufen“. Oder anders gesagt: „Wenn wir unser Geschäft nur noch für zwei, drei Jahre denken können, warum sollen wir dann einen Mietvertrag für zehn Jahre abschließen?“ Zudem gab es im Jahr 2008 in Folge der Lehman-Pleite nicht nur knapp zehn Prozent Leerstand, sondern Schmutzer sah auch, dass 60 Prozent der Mietverträge von Unternehmen abgeschlossen würden, die weniger als 300 Quadratmeter brauchen. Uninteressant für die Großen am Immobilienmarkt, extrem spannend für Schmutzer. Die erste Geschäftsidee war das Modell eines zentralen Conference Centers, kombiniert mit einem Business Center. Auch wenn es anfangs holperte („Ich habe früh gelernt, mit Scheitern umzugehen“), so entwickelte es sich doch insgesamt rapide aufwärts. So entstand Design Offices als Anbieter für Coworking Spaces und von Räumen für agiles Arbeiten. Heute an knapp 40 Standorten in 15 deutschen Städten mit rund 173.000 Quadratmeter Gesamtfläche.

Über die Jahre lernte man viel dazu. Zum Beispiel, dass „der Gast wiederkommt, wenn der Service gepasst hat“. Und eben nicht nur, weil es schön eingerichtet sei. Das war Schmutzer anfangs nicht bewusst, lag ihm doch das Design namensgebend am Herzen. Auch, dass allzu große Transparenz in einem weitläufigen offenen Space gar nicht immer gewünscht ist: „Denn Firmen, die an Innovationen arbeiten, wollen nicht, dass man ihnen zuschaut.“ Glaswände wurden abgeklebt und Schmutzer verstand, „dass wir unterschiedliche Produkte anbieten müssen“. Das waren dann Einzelräume, Projektbüros, Worklofts. Heute haben 15.000 Menschen ihren täglichen Arbeitsplatz in einem dieser Büros.

Wie disruptiv die aktuelle Arbeitswelt ist, wird auch Schmutzer immer wieder bewusst. „In der alten Arbeitswelt hat der Arbeitsort unseren Status widergespiegelt. Das interessiert heute keinen mehr“, weiß er. „Heute muss sich der Arbeitsort der Aufgabe anpassen.“ Durch die Corona Krise kommen weitere radikale Veränderungen hinzu, allein im Umgang mit dem Phänomen Home Office. „Die Herausforderung ist jetzt, dass wir noch nicht wissen, wie es funktioniert“, sagt Schmutzer. Er fordert deshalb den Mut, Dinge auszuprobieren. Trotz oder gerade wegen Home Office werde das gemeinsame Büro zu dem Ort, wo man sich noch aktiv begegnen könne, weshalb man gerade die Kommunikationsflächen dort ganz neu überdenken müsse. Also weg von der dunklen und winzigen Teeküche, die bei vielen derzeit der einzige derartige Raum sei. „Wir müssen jetzt den Mumm haben, mit unseren Teams auszuprobieren, was die richtige Art ist, wie man arbeiten will.“ Wieder eine Herausforderung, weil „die Menschen zu 90 Prozent Angst haben vor Veränderung“, wie Schmutzer weiß. Aber: „Wir müssen uns gerade in der Krise mit Veränderungen beschäftigen, mit der Frage: was kommt danach?“

Michael O. Schmutzer hat keine Angst vor Veränderungen, schied sogar jüngst nach zwölf Jahren aus der Geschäftsführung aus, weil er sich „als Pionier“ sieht, der etwas aufbaut. Künftig will er unter anderem „das Landleben wieder attraktiver machen“ und gestaltete einen alten Barockbauernhof zu einem Begegnungszentrum um.