Landshut oder Shanghai – Hauptsache digital vorn

Stefan Mennerich, Direktor Medien, Digital und Kommunikation der FC Bayern München AG, hat die komplette Digitalisierung der Fußball-AG ins eigene Haus geholt, um nicht von Agenturen abhängig zu sein. „Wir sind Herr über unsere digitale Landschaft“, sagt er. Ein Schritt, der sich längst ausgezahlt hat.

Mehr

Gut fünf Jahre ist es her, dass bei Stefan Mennerich die Schmerzen zu arg wurden. Die Schmerzen der Abhängigkeit von Agenturen in vielen digitalen Angelegen­heiten. Er wusste längst, dass dieser Bereich immer bedeutender werden würde und wollte es lieber selbst machen, „insourcen“ wie er es nennt. Also ging er zum Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge, „denn es müssen alle mitmachen, auch ganz oben, sonst geht es nicht“, erzählte Mennerich im Rahmen der von hart­mann campus ausgerichteten Boutique Konferenz SHIFT in München. Rummenig­ge gab sein Okay, wie Mennerich augenzwinkernd erzählte, zwar eher nonchalant („Na, wenn du meinst…“), aber das genügte. Und so begann das Projekt „FC Bay­ern Digital 4.0“, was das sportlich ohnehin weit enteilte Profifußballunternehmen auch digital zu einer bedeutenden Größe machte.

„Wir haben dann begonnen, unsere Backend-Systeme selbst zu bauen, unsere Websites, besitzen eine eigene Server-Infrastruktur und Hosting-Farm. Das alles hat gut anderthalb Jahre gedauert, aber es hat uns unabhängig und flexibel ge­macht. Wir haben jetzt ein Team von mehr als 60 Leuten, das die digitalen Plattfor­men fortentwickelt“, berichtete Mennerich. Und längst kann er stolz sagen: „Was Digitalisierung im Sport betrifft, sind wir die Nummer Eins in Europa.“ Um relativie­rend nachzuschieben: „Aber der Fußball ist insgesamt noch nicht so weit. Einige sind in einzelnen Segmenten gut, Manchester City etwa in der Content-Produktion, aber die richtigen Benchmarks sind die San Francisco 49ers oder Dallas Cowboys aus der NFL.“

Und das eigene Team bespielt weltweit alle denkbaren Kanäle; in den USA und in China sogar aus den FC-Bayern-Büros vor Ort, denn es gilt auch auf nationale Gewohn- und Eigenheiten einzugehen. Wichtig ist für Mennerich nur, dass alles in enger Abstimmung mit München geschieht: „Der Content in seiner Grundstruktur darf sich nicht verändern. Wir sind in Shanghai kein anderer FC Bayern als in Lands­hut. Wenn wir anfangen, das KPI-orientiert zu verändern, dann verlieren wir unsere Marke.“ Und diese Marke hat enormen Wert.

Denn die ungewöhnliche Position einer solchen Fußballfirma ist ja, dass „wir von der Größe des Unternehmens her nur ein besserer Mittelständler sind, wir aber eine weltweit bekannte, große Marke haben. Mit 700 Millionen Fans und 100 Mil­lionen Social Media Followern. Das ermöglicht Einnahmequellen, die bisher noch nicht erschlossen sind.“

Als weiteren Meilenstein sieht Mennerich deshalb die Gründung der Tochterfirma FCB Digital & Media Lab im Jahr 2018. Die soll von dieser weltweit bekannten Marke profitieren. Mennerich sieht drei Geschäftsfelder. Vor allem soll die digitale Infrastruktur, die in den letzten Jahren aufgebaut wurde, nun auch Geld einbringen, über Sublizenzen für andere, kleinere Vereine. Die haben zwar ähnliche Bedürfnisse an e-Commerce, Ticketing oder CRM, aber nicht die finanziellen Möglichkeiten wie der FC Bayern, sich das selbst aufzubauen. Drei Kunden hat man bereits: Dynamo Dresden, Austria Wien und den FC Basel. „Die Leute sitzen an ihren Standorten am Rechner, aber das dicke Kabel führt nach München in unser Rechenzentrum. Die haben einen Zehn-Jahres-Vertrag und bekommen in dieser Zeit alle Updates und Entwicklungen genauso wie wir. Wir glauben, es ist besser, dass man in diesem Bereich zusammenarbeitet – denn der Wettkampf findet nur auf dem Platz statt.“ Als zweites Geschäftsfeld will man künftig auch als Aktivierungsagentur für die Sponsorpartner tätig sein. Schließlich zahlten diese viel Geld an Agenturen, „die die Kampagnen designen, die Banner umsetzt – am Ende aber kommen sie sowie­so auf uns zu“. Also könne man diesen Zwischenschritt auch unter das eigene Dach holen. Schließlich sei das „ein margenstarkes Geschäft“. Als drittes schließlich will man sich an Unternehmen und Startups beteiligen.

Nur eines, das haben auch Mennerich und seine Leute noch nicht ganz im Griff: „Wir können so gut arbeiten wie wir wollen, am Ende entscheidet immer noch, wie erfolgreich die Mannschaft Fußball spielt.“